BKB-Veranstaltung in Röttenbach mit rund 100 Besuchern

15.11.2019
20 Jahre Photovoltaik-Einspeisevergütung, was kommt danach?

Röttenbach - Oktober 2019  Auf Einladung Bildungswerk Kommunalpolitik Bayern e.V. (BKB) kam Franziska Materne, Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Solarinitiativen (ABSI), Projektmanagerin für Erneuerbare Energien C.A.R.M.E.N. e.V. und Geschäftsführerin der Klimaschutzagentur Mittelweser e.V. zu einem Vortrag nach Röttenbach. Bürgermeister Thomas Schneider begrüßte die rund 100 Gäste und versäumte nicht, darauf hinzuweisen, dass die Gemeinde Röttenbach schon seit Jahren eine eigene Photovoltaikanlage betreibe und gemäß ihrem Leitbild bis zum Jahre 2050 Klimaneutralität und eine nachhaltige und weitgehend regenerative Energieversorgung für die Bereiche Strom, Wärme und Mobilität anstrebe.

Abnehmer für den mit der eigenen PV-Anlage erzeugten Solarstrom muss gefunden werden

In ihrem Vortrag ging Franziska Materne zunächst auf die bestehenden Solartstromkonzepte ein und stellte danach neue potenzielle Betreibermodelle für die Photovoltaik (PV)-Anlagen vor. Gespannt folgten die Besucher im voll besetzten Rathaussaal den Ausführungen der Referentin, wollten sie doch alle wissen, wie es nach dem Auslaufen der Einspeisevergütung für die ersten Anlagen am 1.1.2021 weitergehe. Zwar bleibe der Anspruch auf Netzanbindung bestehen. Einnahmen können in Zukunft aber nur noch durch den gesetzlich nicht vergüteten Eigenverbrauch oder durch den Verkauf des Stroms an Dritte generiert werden. Das bedeutet, man sieht sich künftig genötigt, einen Abnehmer für den mit der eigenen PV-Anlage erzeugten Solarstrom zu finden, wenn man diesen ins Netz einspeisen möchte. Dabei kommt es für viele darauf an, einen Direktvermarkter zu finden, der auch kleine Mengen Solarstrom abnimmt. Nur noch durchschnittlich 3,4 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) betrage in absehbarer Zeit der Marktpreis Solar, da müssen man eher von einem „Trostpflaster“ bzw. von einer „Notlösung“ sprechen, so Materne.

Selbsterzeugte Energie ist bares Geld

Als Ausweg aus dieser Misere empfahl die Referentin verstärkte Bemühungen eines jeden einzelnen Solarstromerzeugers, um den Eigenverbrauch zu steigern: „Selbsterzeugte Energie sei bares Geld!“ Dafür sei künftig der Einbau eines Zweirichtungszählers erforderlich, eine Investition von ca. 300 bis 400 Euro. Auch sollte man berücksichtigen, dass auf den selbst genutzten Solarstrom eine EEG-Umlage von 2,5 ct/kWh erhoben werden kann. Vor diesem Hintergrund sei es umso wichtiger, den eigenen Stromverbrauch künftig auf die Zeit der optimalen Stromgewinnung durch Solarenergie (Zeitglocke von 8 bis 18 Uhr) auszurichten. Mit einem solchen Lastmanagement könne der Verbraucher den eigenen Lastgang an die Energieerzeugung anpassen. Das setzt voraus, dass man die wesentlichen Verbraucher tagsüber betreibt und das Ganze von Hand, per Zeitschaltuhr oder automatisiert steuere. Hier biete der Markt, so die Referentin Materne weiter, inzwischen eine Fülle an Energiemanagementsystemen an. So lasse sich der Verbrauch beispielsweise durch Funksteckdosen oder Sensoren an den Fenstern regeln, und darüber hinaus sei es auch ratsam, sich an die aktuellen Wetterprognosen auszurichten. „Es wird immer alles intelligenter im neuen Smart-Home“ resümierte Franziska Materne.

 

Der mit der PV-Anlage erzeugte Strom, der nicht sofort verbraucht werde, sollte in einem oder mehreren Batteriespeichern vorgehalten werden. Hier könne man sich im Vorfeld, so die Empfehlung der Vortragenden, auf ihrer Web-Site „carmen-ev.de“ mittels der „C.A.R.M.E.N.-Liste Förderfähige Batteriespeicher“ und der entsprechenden Marktübersicht informieren. Mit der Optimierung des Eigenverbrauchs von Solarstrom bewirke man zweierlei: sie trägt zur CO2-Reduzierung bei und mindert angesichts steigender Strompreise die Abhängigkeit von der Belieferung durch Drittanbieter. Der Eigenverbrauch kann auch in Kombination von Elektrospeicher und E-Auto gesteigert werden. Allerdings sei es nicht möglich, den vom E-Auto nicht mehr benötigten Strom wieder in den Haushalt „zurückzuladen“. Danach hatten einige der Zuhörer im Rathaussaal die Referentin gefragt.

 

Insbesondere in der Landwirtschaft ergeben sich für die manuelle Optimierung des Eigenverbrauchs zahlreiche Möglichkeiten: bei der Lüftung, der Futteraufbereitung, dem Betriebsstrom, der Beleuchtung, der Fütterung, der Reinigung, der Kühlung und beim Melksystem. Auch zur Umrüstung von Traktoren zu E-Traktoren werde derzeit viel geforscht.

 

Die Direktvermarktung an Dritte spielt ebenso wie die Steigerung des Eigenverbrauchs eine entscheidende Rolle in der Bewältigung der Zukunftsaufgaben für Solarstromerzeuger. Immer mehr Kleinerzeuger schaffen es derzeit, in diesen Kreislauf der Direktvermarktung zu gelangen, der bislang nur den großen Stromerzeugern vorbehalten war. Über Händler und Dienstleister wird der Strom weiterkauft an Stromvermarkter mit Börsenzulassung (Strombörse EEX), an den Regelenergiemarkt oder an Endkunden. Die Liste der Anbieter werde immer länger, so Franziska Materne, und wer sich informieren möchte, kann dies auf Ihrer Web-Site gerne tun.

Wartung der Anlagen darf nicht vernachlässigt werden

Die bestehenden Anlagen sollten regelmäßig gereinigt werden, was bislang nur die wenigsten in Angriff genommen hätten. Vogelkot, Moosbildung oder Flechten in den Modulen würden zu deren Verunreinigung und damit zur Effizienzminderung der Module beitragen. Auch die Emissionen durch Abgase und Stäube setzen den Anlagen zu. Die Reinigung dürfe, so Materne eindringlich, nur mit kalkfreiem, d.h. aufbereitetem Wasser erfolgen.

Will oder muss man seine Solarzellenanlage entsorgen, so geschieht das in der Regel bei mehr als 40 Modulen kostenlos gegen Abholung durch die Recycling-Höfe. Bis zu 80% der Bestandsmaterialien eines Moduls sind recyclebar. Es sei auch ratsam, sich auf Zweitanbieter-Plattformen umzusehen, ob nicht ein Kaufinteresse besteht.

In der anschließenden Diskussion ging Franziska Materne noch auf eine Vielzahl von Zuhörerfragen ein. In kleinen Gruppen wurde noch bis spät in den Abend hinein über das Thema gesprochen. Auch wenn nicht alle Fragen geklärt werden konnten - Aufmerksamkeit und Nachdenklichkeit zu einem hochsensiblen Thema hat der Vortrag allemal gebracht!